Am 05.05.2001 machten sich zwei, für völlig verrückt
gehaltene, mit dem Rad'l auf, den Schiefen Turm von Pisa zu erreichen.
Der eine, René Terlecki ist Klempner von Beruf und sagt, er
habe noch nie eine solche Tour gemacht.
Der andere Ringo Scheffler, Elektroniker und hat schon viele (Reise)Kilometer
auf dem Rad zurückgelegt.
Außerdem verbindet uns die Freude am Motorradfahren. (mit Knieschleifern und so ...)
Die wichtigsten Punkte werden wie so vieles in der Kneipe besprochen
- so wollen wir beispielsweise möglichst günstig
Reisen, die Alpen überqueren, Venedig sehen, und über Bologna
nach Pisa radeln.
Auf René's Frage, wer alles Vorbereitet antworte ich, dass ich
alles genauestens Planen werde.
Oje - der arme - vertraut völlig auf meine Organisationskünste.
Vermutlich denkt er ich wälze Tagelang Bücher und Landkarten.
Im Weltatlas schätze ich grob die Entfernungen ab, welche wir am
Tag zurücklegen können (Fingerbreit), und suche so die Zwischenstationen
raus. Obwohl ich mir diese sogar auf einen Zettel notiert habe, kann ich
mich nicht mehr daran erinnern denselben
irgendwann bei der Tour benutzt zu haben - vermutlich ist er weggekommen.
Am späten Freitagnachmittag wird zusammengepackt.
Da auf so einer Tour immer viel passiert, und man sich nie und nimmer
alles merken kann, schreibe ich ein Tour-Tagebuch.
Viel spaß beim Lesen.
Tag1, Sa:
Wir starten 8 Uhr 15 von Dohna (bei Dresden) Richtung Grenzübergang
Bahathal und wollen noch möglichst weit
in der Tschechei vorankommen.
Jetzt ist noch einmal ein guter Zeitpunkt für die ewigen Kritiker
zu sagen, dass sie nicht fahren würden,
denn es ist recht kalt, es nieselt und eine Wetterbesserung ist auch
nicht in Sicht.
Aber wir wollen trotzdem fahren und wenn es die ganze Zeit regnet (siehe
Alpen Tour von Sandro).
Und während alle Zuhause vor dem Fernseher sitzen und Mitleid
mit uns haben fahren wir durch dichten Nebel.
Der Tschechische Grenzbeamte fragt wo wir hin wollen.
Ich: "Heute noch bis Pilsen und dann weiter nach Italien"
Er gab uns grinsend unsere Papiere zurück.
Kaum sind wir über die Grenze ist der Regen fort, die Straße
trocken und es geht bergab.
Wir kommen schnell voran bis René etwa 18 Uhr langsam ans Übernachten
denkt.
Da wir günstig reisen wollen fällt eine Übernachtung
im Hotel schon mal flach (obwohl das in der Tschechei sehr günstig
ist),
also halten wir Ausschau nach einem Platz für unsere Zelte.
Außerdem suchen wir eine Möglichkeit unsere Flaschen mit
Wasser aufzufüllen, damit wir uns waschen können.
Wir kommen an einem Friedhof vorbei. Auf Friedhöfen ist meist
Wasser, damit man Blumen gießen kann - also hin.
Wir füllen unsere Flaschen mit Wasser aus dem Friedhofbrunnnen.
René schlägt vor die Zelte hinter der Friedhofsmauer aufzubauen
- da sieht es bestimmt keiner.
Wenig später ist Zeltaufbauen angesagt. Der Boden hinter der Mauer
ist uneben - ein wahrer Acker.
René: "Ich bau mein Zelt doch drinnen auf - da ist alles schön
gerade".
Ich "Du bist ja vollkommen verrückt - ich zelte doch nicht auf
einem Friedhof !"
René "Du kannst ja dein Zelt hinter der Mauer aufbauen."
Letztenende konnte auch ich mich der wunderbar ebenen, frisch gemähten
Wiese nicht entziehen und liege nun
neben jemanden der das schon seit 1942 tut.
Wasseraufnahme in einem Friedhof.
Durch eine Aneinanderreihung von logischen Schlussfolgerungen Zelten
wir auf einem Friedhof.
Tagesstrecke = 136,4 km
Durchschnitt = 19,9 km/h
Gesamtstrecke = 136,4 km
Fahrzeit = 6h50m
Höchstgeschw. = 69,8 km/h
Kosten: 0 DM
Tag 2, So:
Ich schlief relativ schlecht.
Am späten Abend waren noch Leute da - ob sie uns wohl gesehen
haben ?
In der Nacht um 2 Uhr hatte ich probleme wieder einzuschlafen - warum
auch immer.
Die 60 km bis Pilsen waren schnell geschafft.
Dort war gerade so was wie eine Militärparade - jede Menge Polizisten,
ein Kampfhubschrauber am Himmel,
es wurden Hymnen gespielt und Reden gehalten.
Ausnahmsweise schoben wir mal unsere Räder, um uns die Stadt anzusehen.
Unterwegs fragte uns ein Tscheche in sehr guten Deutsch, wo wir denn
hin wollen.
Wir staunten nicht schlecht - er erzählte uns von Verwanden in
Deutschland, welche er oft besucht.
Und so kamen wir in den Genuss der Neuesten Pilsener Nachrichten (u.a.
gab es ein Unwetter
mit Hagel wodurch ein Mensch ums Leben kam)
Später radelte es sich wieder ganz leicht - so ein Stündchen
laufen vollbringt ware Wunder.
Als Abendbrot gab's, mittels Gaskocher erhitzt, eine leckere Kartoffelsuppe.
Wir radelten noch ein wenig weiter und entdeckten diese Bruchbude.
Nachdem wir den gröbsten Dreck beiseite geschoben haben konnten
wir unsere Schlafsäcke
und unsere Zelte (zum trocknen) ausbreiten.
Auf dem Dachboden tobten die Marder - es hörte sich an als wollten
sie sich durch irgend eine Tür kratzen.
Die Ratten raschelten eher leise - ich lauschte lange und versuchte
herauszufinden wo sie sind.
Das klang so nahe - bestimmt direkt hinter mir, im großen Müllhaufen.
Wo war eigentlich unser Essen ?
Die Packtaschen !!!
Ich fuhr hoch und schlug mehrmals auf die Packtaschen des unmittelbar
neben mir plazierten Fahrrads.
Wir schliefen also gut.
Strecke = 110,4 km
Durchschnitt = 19,7 km/h
Fahrzeit = 5 h 34 min
Höchstgeschwindigkeit = 61,0 km/h
Gesamtstrecke = 246 km
Geld = etwa 1,5 DM für Mineralwasser (Dank meiner Mutter Kerstin
Scheffler brauchten wir nicht mal in der
Tschechei
einkaufen zu gehen)
Tag 3, Mo:
Die alte Hütte gab so viel Geborgenheit, dass wir erst 9 Uhr 30
weiterradelten.
Für mich völlig unerwartet gings die ersten 20 km nur Berghoch.
Mit mittleren Gängen erarbeiteten wir uns an dem nicht sonderlich
steilen Pass einige hundert HM in
kurzen Hosen bei 8 C° und Nieselregen.
Genau nach 30 Tageskilometern passierten wir die Grenze nach D, rasten
die lange und schöne Abfahrt
herunter und froren dabei jämmerlich.
Hier passierte mir auch der erste Kartenlesefehler - und es sollte
nicht der einzige bleiben.
Beim Wechsel von einer Karte zur Anderen hatte ich zwei Straßen
verwechselt und
so tauchte kein einziger Ort in der Karte auf, welche wir durchfuhren.
Zum Glück kontrollierten wir die Richtung auch mit dem Kompass
oder, wenn vorhanden der Sonne, so
dass wir schnell wieder auf dem richtigen Weg waren.
Gegen Abend hatten wir Sorgen eine Schlafmöglichkeit zu finden,
denn so schön Bewaldet es am Morgen auch war,
(Bis Deggendorf einfach herrlich) ab Regen ist es wieder recht flach
und weit einsehbar - also schlecht zum Zelten.
Mit schweren Tritten erreichen wir noch die Isar, werden dort von einem
alten Knilch, welcher vermutlich gerade
aus der Kneipe kam, über die dortigen Sehenswürdigkeiten
informiert, fuhren ein Stück den Isarradweg Flussaufwärts
in der Hoffnung einen geeigneten Platz fürs Zelt zu finden, da
taucht vor uns diese wundervolle Hütte auf.
Den ganzen Abend hatte ich mich schon auf ein Bad in dem kühlen
Fluss gefreut.
Als ich aber davor stand, das Ufer und das verdreckte Wasser sah zog
ich doch lieber die
Wasserflaschen zum waschen vor.
In der Fischaufzuchtstation, mit mehreren Teichen, findet sich schnell ein geeigneter Schlafplatz.
Tagesstrecke = 127,4 km
Durchschnitt = 19,4 km/h
Fahrzeit = 6 h 32 min
Höchstgeschwindigkeit = 68,8 km/h
Gesamtstrecke = 374 km
Geld: 22 DM für Nahrungsmittel
Tag 4, Di:
Ich weckte René 6 Uhr 30 auf und drängte weiterzufahren.
7 Uhr 30 waren wir wieder unterwegs, ich führte die ersten
35 km.
Sonderlich fit war ich den ganzen Tag nicht und dachte schon ich bräuchte
noch mal 30 km bis ich eingefahren bin.
Denn als René darauf nach vorn ging und mit 30 km/h auf der
Geraden entlang raste kam ich trotzt Windschatten
kaum hinterher.
Was bald noch mehr nervte waren die vielen LKW's, welche manchmal erschreckend
nah an einem vorbeifuhren.
Auch hupten sie öfters, weil sie meinen, wir könnten doch
die Radwege benutzen - genau das geht aber nicht
wenn wir über 100 km am Tag schaffen wollen. (die Radwege sind
selten länger als einen km problemlos befahrbar)
Gegen 17 Uhr erreichen wir den Chiemsee, machen Bilder, staunen.
Ich schlage vor einen Zeltplatz aufzusuchen - René hat wieder
keine Lust sein Zelt aufzubauen und verweist auf die vielen
Hütten am Wegesrand hin.
Viel Hoffnung habe ich zwar nicht, wir beginnen dann aber doch mit
der Suche entlang des Radwegs um den Chiemsee.
Wenig später, als kaum noch ein Haus zu sehen war und der Wald
dichter wurde stand ein Bootshaus.
Dieses war zwar abgeschlossen, hatte aber einen großen Überdachten
Steg mit tollem Blick über den See.
Ideal !
"Seltsam - was sind denn das für Viecher ???"
Die ganze Bude war voll von Insekten. Diese waren sehr träge möglw.
lagen sie im sterben.
Mit einem Besen aus Zweigen kehrten wir sie ins Wasser.
Am Abend besuchte uns noch eine Frau.
Sie erzählte mir dass sie im Sommer manchmal vor dem Haus sitzt
und ein Buch liest -
überhaupt erzählten mir die verschiedensten Leute alles Mögliche.
Tagesstrecke = 113,2 km
Durchschnitt = 20,3 km/h
Fahrzeit = 5 h 35 min
Höchstgeschwindigkeit = 52,4 km/h
Gesamtstrecke = 487 km
Geld: 0 DM
Tag 5, Mi:
Wir schliefen schlecht.
René kann wegen seinem schmerzenden Hintern gar nicht auf dem
Rücken liegen und mich plagt der Heuschnupfen.
Da ich von der letzten Alpentour die Gegend recht flach in Erinnerung
hatte packten wir unsere Fahrradtaschen mit
Lebensmitteln voll.
Im Nachhinein betrachtet war es doch schon recht hügelig: "Hätte
ich doch bloß statt 20 Äpfel
(war die kleinste Verpackungseinheit) weniger gekauft ..."
Heute war der erste Tag, wo es nur leicht bewölkt war und wir sogar
in kurzen Hosen radeln konnten. René ist wegen
seines großen Rucksacks benachteiligt. Dummerweise hatte ich
vergessen die Arme mit Sonnenmilch einzucremen
---> fataler Sonnenbrand, denn ab 14 Uhr brannte sie richtig heftig.
Ich schrieb schon einmal, dass die Radwege in den seltensten Fällen
brauchbar sind, doch dass wir uns ihretwegen heute
völlig verfahren haben ist mir doch etwas unklar.
So irrten wir mehrere Stunden auf den Radwegen bei Saalfeld unsicher
umher.
Und da der Tag heute doch recht hart erarbeitet war (Sonne und Heuschnupfen),
entschieden wir uns am Abend in Zelt am See auf dem Campingplatz zu
zelten, wo ich
schon im Oktober mit Sandro war. (Siehe seine Alpen Tour)
Uns beschäftigt was wir an Nahrung und Wasser mit hoch schleppen
müssen, denn am Berg zählt das Gewicht !!!
Die Landschaft heute war großartig, René: "Hier möchte
ich begraben sein ..." - ich bedaure, dass wir so sparsam
mit unserer Zeit umgehen müssen doch lieber einen Tag eher in
Pisa als ...
Erwähnenswert bleibt noch dass wir heute die 600 km Schallmauer
durchbrachen.
Außerdem Topspeed ohne Mittreten.
Strecke = 112,2 km
Durchschnitt = 20,1 km/h
Zeit = 5 h 34 min
Höchstgeschwindigkeit = 80,8 km/h (!)
Gesamtstrecke = 600 km
Geld = 22 DM Nahrungsmittel und 23 DM für Zeltplatz
Tag 6, Do
René schlief angeblich gut, ich nicht, denn die Schafe an den
Bergen um den Zeller See hatten sich viel zu erzählen.
Schon interessant - jedes Schaf hat seine eigene Stimme, ich kann sie
jetzt sicher unterscheiden.
(wär mal was für Wetten dass...)
Heute war der anstrengendste Tag der Tour (und wahrscheinlich im Leben)
Eigentlich wollten wir noch eher los sind aber doch erst 8 Uhr losgeradelt.
(ich sagte der netten Frau vom Zeltplatz
was von 5 Uhr).
Auch sie hatte viel zu erzählen, so ist sie z.B: schon zweimal
den Großglöckner hoch gewandert(!),
es fiel mir schwer ihren Geschichten lange zuzuhören denn ich
wollte duschen! ;-)
Kurz nach der Mautstelle. Wir freuen uns auf 33 km bei durchschnittlich
12% Steigung.
Die ersten 20 km waren schnell verflogen, denn noch ist es absolut flach.
Eine Handvoll Kilometer später,
und spätestens ab der Mautstelle war immer mindestens 12% angesagt,
René: "Hier steht ja nicht mal eine Flasche !"
Während der ersten 1000 Höhenmeter brannte die Sonne wieder
besonders heftig.
Jetzt rächt sich jede Minute die wir morgens länger geschlafen
haben.
Zum Glück wurde es oben wieder kälter.
Es sah einfach begeisternd aus, links die Bärenschlucht, rechts
eine hohe Mauer, über allen Bergriesen, die hohen Tauern.
Später fuhren wir durch die untersten Wolkenschichten, die Baumgrenze
und ganz oben zwischen meterhohen Schneewänden
durch.
Die Großklockner Hochalpenstraße hat es wirklich in sich.
Mich fasziniert sie besonders.
Ich denke dass man mit dem Fahrrad alles viel intensiver erlebt - man
erarbeitet sich die Schönheit der Natur, genießt sie
und ist stolz wenn man "oben" ist.
Langsam gewinnen wir an höhe.
1600 HM steht an der Tafel. Vor uns Serpentinen, hinter uns Serpentinen
und kein Ende in Sicht.
1800 HM - es wird immer mehr Schnee - René hat eine Sonnenbrille
mit, ich nicht und ziehe mir eine so leichte
Schneeblindheit zu.
Wir werden von Rennradlern überholt, diese Grüßen und
fragen wo wir hin wollen.
"Zum schiefen Turm von Pisa" und es ist wie eine Ehrenrettung - frei
nach dem Motto:
Wir sind zwar nicht so schnell - kommen dafür aber erheblich weiter.
Ab 2000 HM ist öfters schieben angesagt. Mit den schweren Packtaschen,
die noch dazu hin und her wackeln.
Ich muss unbedingt noch ein drittes Mal hin - um ohne zu Schieben hochzuradeln
!!!
Irgendwie waren wir dann doch ganz schnell oben (Edelweißpitze),
ich zog meine Regensachen drüber (hatte bis dahin nur kurze
Hose an) - da es aber nur ganz kurz runter ging und darauf gleich wieder
hoch auf etwa 2500 m
lief mir Aufgrund der daraus resultierenden Transpiration und der Folienhose
das Wasser in die Schuhe.
Die Wände strahlten eine unglaubliche Kälte ab, Regenhosen
kleben an den Beinen und in die Schuhe läuft der Schweiß.
Einfach schön !!!
Vom letzten mal wusste ich noch, dass es noch einmal ein kleines Stück
wieder hoch geht.
"Meine Güte - ich dachte das geht nur ganz kurz wieder hoch -
eigentlich müsste es hinter der nächsten Kurve runter
gehen."
Kurz darauf:
"Hinter der aber ganz bestimmt."
Wenig später:
"Nur noch der kleine Hügel ..."
Irgendwann war's dann doch geschafft und wir rasten mit 70 Sachen, vollen
Packtaschen und klatschnassen Hosen
auf die Serpentinen zu, bremsten brachial und legten die Fahrräder
in allertiefste Schräglagen - ich musste die ganze Abfahrt
grinsen.
Ich freute mich auf eine Dusche auf dem Zeltplatz in Heiligenblut, was
zu essen, schlafen - da sah ich etwa 5 km vor
Heiligenblut hoch am Berg diese tolle Hütte.
Vollbremsung.
"Nur noch dieses eine mal noch" sage ich zu meinem Fahrrad, denn das
muss uns ja aus 70 km/h auf 0 verzögern.
Es riecht nach verbranntem Gummi.
Mit blockierendem Hinterrad schießt René vorbei. "Was'n
los?"
Ich zeige nach oben.
Und so kam es, dass wir auf 1800 Höhenmetern übernachteten.
Wir stellten René's Zelt ins Häuschen, da ein starker Wind
ging und hier oben alle 5 min das Wetter umschlägt.
Wegen der radikalen Gewichtseinsparung hatten wir nur noch Wasser um
Gesicht und Hände zu waschen.
Das Abendbrot fällt flach. (aus demselben Grund)
Strecke = 53,6 km
Durchschnitt = 10,1 km/h
Fahrzeit = 5 h 15 min (Berghoch !)
Höchstgeschwindigkeit = 71,0 km/h
Gesamtstrecke = 653 km
Geld: 0 DM
Tag 7, Fr:
Die Nacht war kalt und lang. Erst 9.30 Uhr hatten wir wieder Kraft genug
um die 6 km bis Heiligenblut weiterzuradeln.
Von Heiligenblut bis Winklern (geringes Gefälle) hielten wir uns
an einem Traktor fest, in der Hoffnung, dass er uns vielleicht
einen Berg hochziehen kann.nEr bog kurz vorher ab.
Sicher wären wir schneller gewesen, hätten wir den Traktor
einfach überholt.
Verglichen mit dem Großklocknerpass ist der Inselsbergpass nur
ein kleiner Hügel. Weiter nach Oberdrauburg ging's im
Tal entlang - ich fühlte mich gut und fuhr mit rund 29 km/h voran.
Erste Ducati 916 gesichtet.
Den 2. Pass - den Galibertsattel schafften wir ohne Mühe - er
war nicht sonderlich steil und Bäume spendeten uns
Schatten, so dass wir die Serpentinen auch in der Mittagssonne hochfahren
konnten. Die Abfahrt war richtig schnell,
leider war die Straße nicht so gut.
Wir entschieden auch den Plöckenpass - 14 km Steil bergauf - noch
zu fahren, obwohl wir schon 80 Alpenkilometer
geschafft hatten.
Mit letzter Kraft ging's durch Tunnel, welche auch min. 12 % Steigung
hatten, hinauf zur Grenze.
Wir sind nun in Italien !
Der erste Eindruck bei der Abfahrt ist ernüchternd. Die Häuser
sind schmutzig und die Gärten wenig gepflegt.
Die Landschaft entschädigt dafür, denn die Straße schlängelt
sich durch das Tal, daneben ein Fluss.
Wir suchen lange nach einer Hütte oder irgend einer brauchbaren
Übernachtungsmöglichkeit.
Auch ein Zeltplatz ist hier weit und breit nicht zu finden, und so
haben wir - einigermaßen versteckt, neben dem Fluss, unser Zelt aufgebaut.
Nach über 100 Alpenkilometern freuen wir uns auf das eiskalte Flusswasser und eine hoffentlich ruhigen Nacht.
Strecke = 108,4 km
Durchschnitt = 18,4 km/h
Zeit = 5 h 52 min
Höchstgeschwindigkeit = 77,3 km/h
Gesamtstrecke = 761 km
Geld: 28 DM für Nahrungsmittel in Heiligenblut
Tag 8, Sa:
Das rauschen eines Flusses ist recht störend wenn man schlafen
will - also nächstes mal Ohrenstöpsel mitnehmen.
Um 8 waren wir schon wieder auf dem Rad, da hatten wir aber schon Zelt
zusammengepackt und gefrühstückt.
Die Straße in der Po-Ebene ist endlos, immer geradeaus unter
prütender Sonne. Punkt 12 heißt es daher "Siesta" -
wir können uns das aber auch leisten - 65 km stehen schon auf
dem Fahrradcomputer. Leider blühen auch in Italien
alle möglichen Gräser, welche meine Augen kribbeln lassen.
(Heuschnupfen - der Fluch des Abenteurers)
2 h später radelten wir weiter. Wir kamen trotzt der Hitze - ich
hatte mein T-Shirt naß gemacht und auf den Kopf
gelegt, so kühlte es denselben und flog auch nicht davon - sehr
schnell voran.
Da morgen Sonntag ist, überladen wir unsere Räder völlig.
Im Flachland ist Gewicht nicht ganz so wichtig - eher die Aerodynamik,
höchstens etwas träge wird mein gutes Rad.
3x 1,5 L Sprite, 2x 1,5 L Wasser, 1,5 Liter Wasser in Trinkflaschen
und 2 Kilo Nahrungsmittel machen mein Rad nicht
gerade flink. Wir lachten herzhaft über ein 3 Kilo Nougat-Glas
und eine Oma die mit ihrem Mofa Bürnouts machte.
Weiter über Portogruaro nach Cuorte, wo wir nach über 130
km mit einem Cocktail aus Schweiß und Sonnencreme
auf der Haut auf einem Zeltplatz direkt am Meer trafen.
Aus irgendeinem Grund erreicht man sein Tagesziel nur mit allerletzter
Kraft (die letzten 20 km waren ewig und schmerzhaft)
Strecke = 138,4 km
Durchschnitt = 22,5 km/h
Zeit = 6h 08 min
Höchstgeschwindigkeit = 39 km/h (!)
Gesamtstrecke = 900 km (Zufall)
Tag 9, So
Heute lief alles schief.
Wir starteten sehr spät und kamen den ganzen Tag nicht so recht
in Gang.
Unser Ziel war Venedig - eigentlich ein Katzensprung von unserem Zeltplatz
aus, da aber die Hinweißschilder nicht darüber
informieren um was für eine Straße es sich handelt, ist
es nur eine Frage der Zeit bis man auf der Autobahn landet.
Nach 20 km Landstraße wird diese plötzlich zur Autobahn.
Fahren wir die 20 km zurück oder das kleine Stück bis Venedig
auf der "Autostrada". Wir entscheiden uns für letztens.
Problemlos befahren wir ein Autobahnkreuz ...
Auf der Autobahn kommt man sagenhaft voran - Lkw's donnern an einem
vorbei und der Gegenverkehr ist weit weg -
das Aerodynamische optimum. Dabei ist es nicht mal gefährlich,
vorausgesetzt ein Seitenstreifen ist vorhanden.
Ich fühlte mich auf mancher Landstraße unwohler.
Als wir an einer Raststelle vorbeikamen rief uns ein Polizist von weitem
zu wir sollen an der nächsten Abfahrt rausfahren.
Jetzt aber los.
Bis zur Abfahrt nach Venedig sind es noch 3 km - wir schossen mit 35
km/h über die Bahn.
Zwei Streifenwagen holten uns ein - 200 m vor der Abfahrt.
Ein Polizist schrie den hinter mir fahrenden René an "Speak
english !!!"
Sie fuhren vor uns und zwangen uns so anzuhalten.
So waren wir nun von 5 Polizisten umringt, welche uns uns erklärten
"In Italy no pedalo autostrada"
Ich fand das irgendwie noch ganz lustig und dachte, dass sie es vielleicht
verstehen, dass wir uns verfahren haben.
Auch mir verging das Lachen, als er von jedem 70 DM haben wollte.
Unsere Personalien wurden aufgenommen - sogar unsere Fahrräder
sind jetzt vorbestraft (Marke, Farbe ... wurde aufgeschrieben)
Wenn es nur ein oder zwei Polizisten wären hätte man ja versuchen
können sie zu bestechen - so blieb uns nur
zu zahlen, gemessen an unseren Gesamtkosten der Radtour ein großer
Teil.
Dieser Vorfall vermieste uns die Freude auf Venedig völlig.
Kurz darauf waren wir nämlich schon da, schleppten die schweren
Räder über unzählige Brücken und machten Fotos.
Venedig selber ist gar nicht so toll. Eine Vielzahl alter Häuser,
dreckig und nichts Verputzt.
Zwischen den Häusern Kanäle - ich frage mich ob in der ganzen
Stadt ein trockener Keller existiert ?
Außerdem bezweifle ich, dass alles auf Pfählen steht, das
Gewicht eines mehrstöckigen Hauses ist bestimmt enorm.
Ich hatte eigentlich vor in Venedig zu übernachten, aber es scheint
als gibt es kaum freie Häuser - im Hafen fanden wir
zwar einen guten Platz, da es erst 17 Uhr ist fahren wir weiter. Außerdem
ist eine Flucht, wegen der Kanäle, sehr schwierig.
Wir haben wieder große Probleme eine geeignete Übernachtungsmöglichkeit
zu finden.
5 Minuten vor Sonnenuntergang stellen wir René's Zelt ins hohe
Gras, wenige Meter von der Straße entfernt auf.
Strecke = 125,9 km
Durchschnitt = 18,9 km/h
Zeit = 6h39min
Höchstgeschwindigkeit = 36,3 km/h
Gesamtstrecke = 1026 km
Geld = 140 DM an Polizei
6 DM für Nahrungsmittel
Tag 10, Mo
8 Uhr 30 ist alles zusammengepackt und wir radeln weiter nach Cavarezere
und Adria.
Der Ärger mit der Polizei ist vergessen - was uns nun plagt ist
Heimweh.
Bei mir ging's damit gestern los, René hat's schon zwei Tage
eher.
Trotzdem wollen wir Pisa erreichen.
Heute plagt mich der Heuschnupften regelrecht. Außerdem scheint
die Kondition langsam auszugehen
oder plockiert wie so oft der Kopf die Beinarbeit ?
Hoffentlich wird es in den Bergen nach Bologna wieder besser.
Gestern fuhr René mal 20 km vorneweg, weil es bei mir überhaupt
nicht gut lief - er fuhr aber gleich zu schnell und da
sein Rad sehr kurz übersetzt ist, verausgabte er sich völlig.
Ansonsten war ich die letzten 4 Tage immer vorn.
Nach der Mittagspause lief alles sehr gut, wir kamen schnell voran (27
km/h) - bis Ferrara.
Dort war gerade Berufsverkehr und dementsprechendes Chaos. Ich war
im Bahnhof um den Fahrpreis Pisa-DD zu
erfragen - auch hier keine Auskunft.
Schließlich fragten wir uns den Weg nach Bologna durch, da wir
sonst wieder auf der Autobahn landen würden.
38 km vor Bologna haben wir René's Zelt in einer Obstplantage
im hohen Gras aufgestellt.
Ich hatte den Ort entdeckt und für gut befunden - jetzt bin ich
mit überhaupt nicht mehr sicher, da in dem 50m entfernten Wohnhaus
vermutlich der Besitzer der Plantage wohnt.
Strecke = 103,9 km
Durchschnitt = 21 km/h
Zeit = 4 h 55 min
Höchstgeschwindigkeit = 33,4 km/h
Gesamtstrecke = 1129 km
Geld: 28 DM für Nahrungsmittel
Tag 11, Di:
Obwohl René, die alte Schlafmütze, wieder nicht aus den
Federn kam, sind wir nicht entdeckt worden.
Die 35 km bis Bologna fielen mir nicht leicht.
Mehr als 20 km/h waren einfach nicht drin - manchmal läufts halt
nicht so gut.
In Bologna selber war wieder das übliche Chaos. Versuche du mal
im dreispurigen Kreisverkehr, mit dem schweren Vélo eine
dreiviertel Runde mitzufahren - dabei ist noch auf Hinweißschilder
zu achten (Bahnhof ...).
Etwa 14 Uhr waren wir im COOP einkaufen. Essen ist in Italien sehr
teuer. (2 Knacker = 28 DM)
Weiter ging's Richtung Modena, wo unterwegs auch das Motorradwerk DUCATI
sein soll.
René kommt deutlich besser mit dem Verkehr zurecht. Zitat: "Man
muss einfach im Chaos mitschwimmen ..."
Kurz vor 15 Uhr finden wir auch tatsächlich die "heiligen Hallen"
Wir sehen ein Schild "Museo Ducati", ich frage den Pförtner was
es damit auf sich hat.
Er sagt dass die nächste Führung durchs Werk und Museum 16
Uhr stattfindet und das diese Kostenlos ist.
"Wollen wir uns das ansehen" fragte ich René - dieser willigte
ein. Ich war begeistert.
Die eine Stunde bis zu Beginn der Führung schrieben wir Tourtagebuch
und faulenzten.
Die Führung war absolut großartig, wer zufällig in
der Nähe ist und sich für Motorräder interessiert, sollte
unbedingt mal vorbeischauen.
Obwohl offiziell untersagt mussten wir versuchen Fotos zu machen - schon
als Beweiß dass wir "drin" waren.
Eine Stunde später, nachdem wir auch noch die im Rennsport erfolgreichen
Duc's besichtigt hatten radelten wir weiter.
Über irgendwelche Nebenstraßen bewegen wir uns nun Richtung
Süden, also nicht weiter nach Modena (W).
Gern halfen uns die Anwohner, wenn wir sie nach dem Weg fragten.
Von den vielen Leuten blieb mir einer besonders in Erinnerung.
Ein dicker Mann, ich schätzte ihn auf 50 Jahre, quälte sich
von seinem uralten Fahrrad wie in Zeitlupe, kramte seine Brille raus,
sah eine Weile auf meine Karte und gestikulierte wild - das war auch
das einzige was ich verarbeiten konnte, denn verbale
Äußerungen waren mehr Musik als Mittel zur Informationsübertragung.
Ich nickte die ganze Zeit, bedankte mich tausendfach mit "mille grazie"
und sagte René, dass wir immer geradeaus,
dann über eine Brücke (halbkreisförmige Handbewegung)
und dort dann rechts weiter müssen.
Oftmals überforderten wir die Leute einfach, wenn wir fragten
wie man am besten nach Florenz kommt, was ja unser nächstes
Ziel war.
Sie kannten einfach den Weg nicht - Florenz ist ja auch über 200
km entfernt.
Ganz davon abgesehen, dass die meisten schon so kaum noch ansprechbar
waren, als sie sahen, dass wir mit dem Rad
fahren wollen - und als René zu mir meinte "Wir wollen ja eigentlich
noch über Pisa" musste auch ich lachen.
Das nächste Problem war das wir ja keine Autobahnen nutzen können.
Aber auch wir wurden durch viel zu komplexe Antworten überfordert.
Es hat auch keinen Sinn sich 10 Richtungsänderungen an Kreuzungen
zu merken, wenn man sich nach der dritten
schon wieder unsicher ist.
Trotzdem war es interessant wie die Leute scheinbar alles stehen und
liegenlassen um uns zu helfen.
Nach 5 km auf der 64 entdecken wir eine schöne alte Bude. Hier unter der Überdachung breiten wir unsere Schlafsäcke aus.
Strecke = 75,5 km
Durchschnitt = 18,4 km/h
Zeit = 4 h 5 min
Höchstgeschwindigkeit = 40,3 km/h
Gesamtstrecke = 1205 km
Geld: 32 DM für Nahrungsmittel
Tag 12, Mi
Diesmal konnte ich gut schlafen, obwohl in dem etwas entfernten Haus
gegenüber eine Frau am Fenster zu kleben schien.
Ich winkte ihr zu und hoffte sie winkt zurück, statt dessen schloss
sie das Fenster. "Ruft sie nun die Polizei oder nicht ... ???"
Wieder so ein Moment, wo man lieber noch ein Weilchen mit dem öffnen
des Schlafsacks wartet da sich dieser - im Falle einer Flucht - so schwierig
zusammenpacken lässt.
8 Uhr 30 geht's weiter auf der 64 Richtung Süden.
Ohne das wir sie ansprechen sagt uns eine Oma, dass die Straße
bald in einer Sackgasse endet. Vermutlich ist einer
der vielen Tunnel defekt und so fahren wir über einen hohen Berg
mit locker 20% Steigung.
Endlich wieder Berge - hier fühl ich mich gleich wieder wohler.
Die Berge sind bewaldet - es scheint als ist es Moos was sich über
die Hügel legt.
Bis zur (sehr kurzen) Mittagspause machten wir uns große Sorgen
unser Ziel, bis kurz vor Pisa, noch zu erreichen.
Und da man auf dem Rad viel Zeit zum Überlegen hat, schmiedet
man alternative Pläne.
"Na hoffentlich haben wir nicht noch eine Panne ..."
Todgesagte leben länger - kurz nach der Pause ging's nämlich
ewig Bergab.
Laut meiner Karte gibt es zwei mögliche Strecken nach S.
Marcello - vermutlich gibt es die nicht mehr und
so radelten wir durch bis Pistoia.
Wenn wir nicht wüssten dass wir in Italien sind könnte man
denken es sei Südamerika.
Frauen, die Wäsche draußen waschen, der dunkle Hauttyp,
die Bäume auf den Bergen all das erinnert mich
an die Fernsehbilder aus Südamerika.
Weiter nach Montedutini hatte ich im Tiefland auch wieder die Probleme
mit dem Heuschnupfen.
Nach langem Suchen fanden wir endlich einen offenen Supermarkt (am
Mittwoch ?) und holten das Nötigste.
Erstaunlicherweise hatten wir dort keine Probleme mit der Autobahn,
die unweit parallel verlief.
Bis Lucca waren wir sehr schnell unterwegs - wir gönnten uns jeder
ein Eis und ließen dort auch gleich unsere
Wasserflaschen füllen (zum gründlichen Waschen braucht jeder
2L, Notwäsche etwa 0,5 L)
Jetzt müssen wir nur noch über den "Monte Pisano" und dann
haben wir es geschafft.
Langsam wurde es dunkel und damit war's Zeit eine Übernachtungsmöglichkeit
zu suchen.
Sprichwörtlich in letzter Sekunde bogen wir auf einen Feldweg
ab und bauen nun unsere Zelte während des
Sonnenuntergangs direkt über Pisa auf.
Strecke = 131,8 km
Durchschnitt = 18,2 km/h
Zeit = 7 h 12 min
Höchstgeschwindigkeit = 52,4 km/h
Gesamtstrecke = 1337 km
Geld: 23 DM für Nahrung
5 DM für Eis
Tag 13, Do
Wir schliefen gut, obwohl sich über uns Einflugschneise des Pisaer
Flughafens befand und die ganze Nacht die 2Takt Roller kreischten.
Ich wachte 5 Uhr 30 auf und musste noch bis 9 Uhr warten, da ich René
versprochen hatte er könne heute ausschlafen.
Da am Morgen ein starker Wind herrschte, hatte ich Mühe mein Zelt
am Boden zu halten.
Ihr wisst schon, Heringe halten im hohen Gras schlecht und lassen sich
am nächsten morgen noch schlechter wiederfinden.
Den Turm konnte man von hier aus schon erkennen und so war es kein
Problem ihn mittels Kompass zu finden.
Lange hielten wir uns an unserem Tourziel aber nicht auf sondern radelten
weiter Richtung Meer.
Kurz darauf überholten uns eine Gruppe Radrennfahrer - wir setzten
uns in deren Windschatten und
kamen so mit 35 km/h auf gerader Strecke voran. Das zweite Mal am Meer
war ich nicht sonderlich beeindruckt,
so gings weiter nach Florenz.
Auch hier landeten wir wieder auf der Autobahn und da diese sich nicht
sonderlich von den Bundesstraßen unterscheiden
vergeht meist einige Zeit bis man es mitbekommt.
Wenn sich dann allerdings die Anzeichen häufen heißt es:
"schnell weg hier!!!"
Noch einmal wollten wir nicht 140 DM bezahlen, da sonst das Geld für
die Heimreise knapp wird.
Konkret bedeutete dies die Fahrräder über einen Stacheldrahtzaun
zu heben - selbst über den Stacheldrahtzaun klettern wobei
man nicht zu weit springen durfte da gleich dahinter ein tiefer Graben
verlief.
Beim durchqueren dieses Grabens habe ich mir noch das vordere, größte
Ritzel in die Wade gedrückt was einen herrlichen
Abdruck von drei Zähnen ergab. Außerdem waren die Hände
vom Zaun blutig - na dafür waren wir jetzt
auf einem Feldweg.
Letzten Endes haben wir die Beschilderung oft ignoriert und sind nach
Kompass und Karte gefahren da die Autostrade
Pisa-Florenz unweit zur ss67 verläuft und praktisch jedes Hinweisschild
<Florenz> auf der Bahn endet.
Über Pontedere galangten wir nach Empoli wo wir eine nette baufällige
Bude entdeckten.
Genauer gesagt sind es drei - fast schon zuviel des Guten ...
Gerade eben hatte uns noch ein alter Mann mit einem Roller besucht.
Sein Redefluss war ungebrochen - ich glaube es ging um Florenz ...
;-)
Strecke = 93,7 km
Durchschnitt = 19,3 km/h
Zeit = 4 h 51 min
Höchstgeschwindigkeit = 44,8 km/h
Gesamtstrecke = 1430 km
Geld = 0 DM
Tag 14, Fr.
So richtig gibt es heute gar nichts nennenswertes zu berichten.
Ausschlafen bis 9 Uhr, danach die 23 km bis Florenz radeln und den
Bahnhof suchen (dort um 10 Uhr)
Um Fahrkarten zu erwerben, stellte ich mich 15 min an der Information
an.
Die freundliche Frau am Schalter informierte mich kurz und sachlich
- dass es hier keine Fahrkarten gibt.
Der Fahrkartenschalter war um die Ecke wo ich kurz darauf 265
DM hinlegte, was den Löwenanteil unserer Tour
ausmacht. (Florenz - München Nachtzug 2 Pers., 2 Räder)
Daraufhin sahen wir uns die Stadt an und warteten die restliche Zeit
im Park und später auf dem Bahnhof.
Irgendwann rollte ein alter klappriger Zug auf dem Gleis 10 ein. "Das
wird keine ruhige Nacht"
René öffnet das Gepäckabteil von innen, wir bauen
unsere Packtaschen ab (vorsichtshalber) und verladen die Räder.
Wir beziehen ein Schlafwagenabteil, in dem noch völlig leeren
Zug. Kurz vor dem Start (21:30) treffen weitere Fahrgäste
ein. Freundlich aber bestimmt werden wir darauf hingewiesen, dass dieses
Abteil Reserviert ist - wenig später sind wir
draußen und suchen uns nun ein Abteil mit Sitzplätzen.
Der Zug steht immer noch, da betritt eine 25 köpfige Schulklasse
denselben und weil sie gleich den halben Zug reserviert
haben werden wir wieder aufgefordert zu gehen.
Das ist aber leichter gesagt als getan, denn Rucksack, Fronttasche
und große Gepäcktasche (mit Zelt, Schlafsack ...)
wollen erst einmal an bzw. über die vielen Leute, welche im schmalen
Gang stehen, vorbeigetragen werden.
Wir werden durch das Chaos getrennt - die Karten habe ich.
Ich finde nochmals ein leeres Sitzplatzabteil und begebe mich auf die
Suche nach René, welcher es mit seinem großen Rucksack
auch nicht gerade leicht hat. Keine halbe Stunde später steigt
wieder eine Schulklasse ein und die Knirpse weisen und darauf
hin dass sie reser...
Denen tat es wenigstens Leid, als sie mit ansehen mussten wie wir die
schweren Taschen davontrugen.
Ich werd nie vergessen wie ein junger Mann (etwa 1. Schuljahr) zu mir:
"Wir können auch nichts dafür ..." sagte.
Erschöpft ließen wir uns neben Tür und WC nieder. Hier
war es nochmal deutlich lauter und recht kalt, doch noch
einmal die Taschen durch die Gänge schleppen, dazu fehlte uns
die Kraft.
So machten wir es uns auf den Taschen bequem.
Einmal erschrak ich, ich hatte mich gegen die Tür gelehnt und
geschlafen - als sich diese öffnete
Innerhalb Sekunden war ich hellwach, konnte aber trotzdem nicht verhindern
dass meine Fronttasche herausfiel.
René störten die Leute mehr, welche die Toilette benutzen wollten, denn die mussten über ihn.
So gemütlich das auch aussieht, aber unsere Radfahrbeine mögen es gar nicht wenn sie mehrere Stunden so angewinkelt sind.
Vermutlich durch die italienische Sonne verwöhnt fror ich immer
stärker - selbst durch Kniebeuge und Liegestütze wurde
ich nicht mehr warm..
Wie war ich froh als uns um 5 Uhr morgens eine sehr nette Schaffnerin
darauf hinwies, dass eine Schulklasse soeben ausgestiegen ist und wir uns
dort setzten können.
Tag 15, Sa: Heimfahrt und Schlussfolgerung
Es kommt immer anders als man denkt - ich setzte dem noch eins drauf
und behaupte: Es kommt immer anders herum
als man denkt.
Wir erwarteten eine ruhige Nacht (war ja schließlich auch teuer
genug) uns was bekamen wir ????
Weiterhin ging ich davon aus, dass die Heimfahrt durch Deutschland
anstrengend wird,
Mittels Wochenendticket wollen wir noch von München bis Dresden
im Zug fahren, aber die Züge sind fast leer.
Wenn ich jetzt zum Fenster heraus sehe, sehe ich Regen aber damit auch
frische, grüne Wälder - gern nehme
ich die paar Regentage mehr in Kauf, denn trockene Gebiete haben wir
in Italien genug gesehen.
René fielen besonders die oftmals ungepflegten Häuser negativ
auf - im krassen Gegensatz zu Bayern und Österreich.
Trotzdem will ich noch mal den Süden Italiens erradeln - wie wär's
mit Florenz - Istanbul ...
Nach genau 1502 km stell ich mein Rad in die Garage, klopf ihm
noch einmal dankbar auf den Sattel und freu mich
nach über 2 Wochen auf ein warmes Bad.
Ich hoffe, das lesen des Reiseberichts hat Ihnen genauso viel spaß
gemacht wie mir das schreiben.
Letztenendes ist alles halb so schlimm - das Gute behält man von
solch einer Reise, das Schlechte vergisst man oft sehr schnell.
Vielleicht konnte ich auch ein paar Anregungen geben, machmal muss
man einfach eine gute Idee haben.
Ansonsten: Nicht lange überlegen - einfach los.
Soeben dachten Sie noch, denen könnte ich doch mal schreiben.
Ich freue mich auf jede mail "inbox" !!!
ringo.scheffler@gmx.de